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Geschrieben von Duvessa am 07.05.2006 um 23:10:

  Tiefgründigkeit

Beginne hiermit allgemein eine Unterhaltung zum Thema Tiefgründigkeit !
Würde gern Begriffsdefinitionen von euch hören !
Was ist Tiefgründigkeit ?

Und dann eure persönliche Meinung:
Ist euch Tiefgründigkeit wichtig ?
Wie seht ihr die "schwarze Szene" in Verbindung mit Tiefgründigkeit ?

Meine Ansichten und Meinungen dazu später.
D.



Geschrieben von Antilicht am 08.05.2006 um 00:02:

 

Oh Mann, ich wollt doch rad ins Bett, aber das juckt mich ja doch noch zwinkert Aber das ist ein tolles Thema. Um albern anzufangen: "Die Geschichte der Tiefgründigkeit ist eine Geschichte voller Missverständnisse..." (frei zitiert).

Da mein "großer" Duden grade zu weit weg steht, nehme ich mal das Pseudonymlexikon zur Hand:
Zitat:
tiefsinnig, tiefgründig, tiefgehend, tiefschürfend, tief durchdacht, gedankenvoll, gedankenreich, überlegt, bedeutsam.

Hier stehen also ein paar Begriffe, die mit dazugehören. Schlüsselworte (nach meinem Empfinden) wären da "durchdacht", "gedankenvoll", "überlegt".

Für eine "klassische" Definition muss ich ein bisschen nachdenken, wäre dann vielleicht
>eine Charaktereigenschaft, die den Menschen befähigt, überlegt zu handeln, seine Aussagen zu durchdenken, selbstreflektiert zu sein und eine Meinung bilden zu können, unabhängig davon, welcher Herkunft welchen Bildungsstandes und welchen Geschlechtes er ist.<
Das kann natürlich noch ausgebessert werden, aber dafür reicht meine Zeit wohl nicht mehr. Für Verbesserungsvorschläge bin ich dankbar.

Mir persönlich ist diese "Tiefgründigkeit" (Anmerk. d. Verf.: Ist euch mal aufgefallen, wie kompliziert und seltsam dieses Wort klingt, wenn man lange darüber nachdenkt?) schon wichtig. Lange halte ich es mit einem geistig starren und platten Menschen nicht aus. Dazu bin ich wohl zu kommunikativ. Und es ist mir einfach unangenehm, wenn ich mich schon nach kurzer Zeit Gespräch mit einem solchen Menschen im Kreis drehe.

Zur "schwarzen Szene" - In erster Linie, denke ich schon, dass eine gewisse geistige Tiefe als ein Charakteristikum dieser "Philosophie", dieses Lebensstils gehört. Ab von Schweisserbrillen, Ledermänteln, Rüschenhemden, Neonstulpen oder Kettenhemden. Die Fähigkeit, edanken zu entwickeln, mit Ideen zu spielen, kann man nicht an- und ausziehen. Man kann sie nicht in irgendeinem Gothic-Store kaufen und sie wird mit keinem Festival-Ticket mitgeliefert. Deswegen muss man gleich dazu sagen, dass es durchaus noch andere Subkulturen gibt, denen man diese Eigenschaft zusprechen kann. Auch in der (oft so verhassten) Hip-Hop-Kultur spielt tiefgründigkeit eine Rolle. Nicht bei den Reihenhaus-Gangstern und den Realschul-"Bitches", sicherlich. Aber dazu gibt es auch in unsrer Szene Äquivalente.

Ich denke doch, dass das gedankenvolle Spiel mit Meinungen, Ideen und Weltanschauungen einer der Grundpfeiler dieser Szene war. Sich abspalten von der Oberflächlichkeit einer Gesellschaft, die zu starr und plump ist, sich damit zu befassen. Ähnlich wie bei den Frühromantikern nimmt man in Kauf, von anderen als "absonderlich" und "spinnert" bezeichnet zu werden, dafür aber der Poesie und Philosophie in allen Richtungen freien Lauf zu lassen.

Das Problem, das besteht, ist allerdings: Viel zu oft, glaubt man eben doch, sich diese Tiefgründigkeit quasi "anziehen" zu können. Eine ganze Weile hat man durch furchtbar geschwollene Sprache versucht, kultiviert, geistvoll und intellektuell zu wirken. Der Schuss ging nach hinten los. Nur weil ich jemand mit "holde Maid" anspricht, und Faustzitate verhunzt, halte ich ihn nicht für tiefgründig - vermutlich pruste ich ihm eher meine Cola ins Gesicht.

Tiefgründigkeit bedeutet nicht, tolle Bücher zu kennen, schlechte Gedichte im Rheimschema F zu verfassen und sich damit zu profilieren, dass man nachts den Mond anbetet (vermutlich eher anbellt). Tiefgründigkeit ist eine geistige Beweglichkeit, die es einem erlaubt, diskutieren zu können, Kritik zu üben und auch anzunehmen. Aktion und Reaktion im sozialen Lebe reflektieren zu können, damit den Charakter zu formen. Ein Geist, der sich sein Korsett zu eng geschnürt hat (ihr glaubt nicht, welche Bilder ich grad im Kopf habe grosses Grinsen ), kann trotz allen Bücherwissens, politischer Bildung oder gewählter Ausdrucksweise nicht tiefgründig sein.

Manchmal also vielleicht doch einmal etwas tiefgründiger werden, um zu sehen, wie tiefgründig man wirklich ist. Nur, weil man den Boden nicht sieht, heißt das nicht, dass der Teich tief ist. Vielleicht ist das Wasser nur abgestanden.



Geschrieben von muckele am 08.05.2006 um 00:19:

 

hmm , jetzt zu schreiben ich schliess mich an ist zwar irgendwie fehl am Platz *find *

aber Antilicht hat was mich betrifft das wesentliche geschrieben



Geschrieben von Vale am 08.05.2006 um 00:37:

 

jo gibts eigentlich nix mehr hinzuzufügen, schön geschrieben


Zitat:
Original von Antilicht
Mir persönlich ist diese "Tiefgründigkeit" (Anmerk. d. Verf.: Ist euch mal aufgefallen, wie kompliziert und seltsam dieses Wort klingt, wenn man lange darüber nachdenkt?) schon wichtig.


eigentlich schon simpe aber irgentwie...hmm^^l

Zitat:
Original von Antilicht
Zur "schwarzen Szene" - In erster Linie, denke ich schon, dass eine gewisse geistige Tiefe als ein Charakteristikum dieser "Philosophie", dieses Lebensstils gehört.


einer der wichtigsten punkte für mich, wenn nicht der wichtigste überhaupt (neben kleidungstil, musik, etc)

Zitat:
Original von Antilicht
Das Problem, das besteht, ist allerdings: Viel zu oft, glaubt man eben doch, sich diese Tiefgründigkeit quasi "anziehen" zu können.


is mir auch schon aufegallen(auch bei mir selbst)

Zitat:
Original von Antilicht
Manchmal also vielleicht doch einmal etwas tiefgründiger werden, um zu sehen, wie tiefgründig man wirklich ist. Nur, weil man den Boden nicht sieht, heißt das nicht, dass der Teich tief ist. Vielleicht ist das Wasser nur abgestanden.


genial, kann ich nur zustimmen



Geschrieben von Abtreter am 08.05.2006 um 07:32:

 

Erst mal kurz allen Respekt und die notwendige Achtung vor Antilichts Text, der so ziemlich alles gesagt hat, was mir dazu in den Sinn kam, speziell folgenden Absatz kann man wohl kaum besser ausdrücken:
Zitat:
Original von Antilicht
Tiefgründigkeit bedeutet nicht, tolle Bücher zu kennen, schlechte Gedichte im Rheimschema F zu verfassen und sich damit zu profilieren, dass man nachts den Mond anbetet (vermutlich eher anbellt). Tiefgründigkeit ist eine geistige Beweglichkeit, die es einem erlaubt, diskutieren zu können, Kritik zu üben und auch anzunehmen. Aktion und Reaktion im sozialen Lebe reflektieren zu können, damit den Charakter zu formen. Ein Geist, der sich sein Korsett zu eng geschnürt hat (ihr glaubt nicht, welche Bilder ich grad im Kopf habe grosses Grinsen ), kann trotz allen Bücherwissens, politischer Bildung oder gewählter Ausdrucksweise nicht tiefgründig sein.


Aber ich werde dennoch auf die Fragen Duvessas antworten, wie ich sie gern beantwortet hätte, bevor mir quasi viele Worte aus dem Mund genommen wurden.

Zitat:
Was ist Tiefgründigkeit ?

Tiefgründigkeit ist für mich das richtige Maß zwischen
1. etwas Wissen,
2. einigen Erfahrungen,
3. dem Feingefühl abwägenden Denkens zwischen mehreren bestehenden Möglichkeiten nach Erfassung dieser unter Einsatz von 1. und 2. und unter Zugabe eines gewissen Reizes gegenüber Neuem und Unbekanntem und
4. der richtigen Entscheidung zu Ernst oder Spaß angesichts des jeweiligen täglichen Wahnsinns oder der Situation.

Zitat:
Ist euch Tiefgründigkeit wichtig ?

Aufgrund meiner Definition sollte klar sein, dass ich ohne zumindest einen Ansatz davon nicht leben könnte, von daher ist mir das generelle Vorhandensein von Tiefgründigkeit wichtig, aber in keinem bestimmten Maße zwingend.

Zitat:
Wie seht ihr die "schwarze Szene" in Verbindung mit Tiefgründigkeit ?

Zweifelnd... Es mag ein etwas eindringlicheres Denken in Bezug auf Tabuthemen wie z. B. den Tod vorhanden sein, auch gewisses künstlerisches Potential z. B. in Sachen allüberflutender Poesie, aber in dem Bestreben, ach so anders zu sein, degradiert sich die schwarze Szene durch reine Äußerlichkeiten oder dem Ansinnen, sich von der Masse abzuheben, zu stinknormalen Menschen.
Die vorwiegend betriebenen "Kunstformen" wie Modelling muahahahaha! , Dunkelpoesie & Co. finden mit Sicherheit auch Äquivalente in allen anderen Szenen.
Fazit: Unsere Szene ist im Schnitt nicht tiefgründiger als andere.


Treter



Geschrieben von Consciously am 08.05.2006 um 22:37:

 

Im Allgemeinen kann man von Tiefgründigkeit sprechen, wenn man über bestimmte Thmen nicht nur Oberflächlich redet, sondern tiefer in diese Materie des Thmas eingeht und dementsprechen darüber diskutiert. Tiefgründig ist für mich auch, wenn man über bestimmte Themen einfach nur nachdenkt und im Kopf abwägt was das wesentliche des Themeninhaltes wäre. Oder im Kopf über Themen philosophiert.

Zitat:
geschrieben von Abtreter
Fazit: Unsere Szene ist im Schnitt nicht tiefgründiger als andere.


Och ich wüsste ehrlich gesagt nicht dass z.B. die Hip Hop Szene tiefgründig sei...vllt. war sie es früher einmal, aber heute ist doch das einzige was tief gründig bei den Hoppern ist die Hose grosses Grinsen



Geschrieben von Antilicht am 08.05.2006 um 23:55:

 

Zitat:
Original von Consciously
Och ich wüsste ehrlich gesagt nicht dass z.B. die Hip Hop Szene tiefgründig sei...vllt. war sie es früher einmal, aber heute ist doch das einzige was tief gründig bei den Hoppern ist die Hose grosses Grinsen


*g* Ja, schon klar... die Schirmmütze auch. Aber das ist ja eben der Punkt. Das, was du so an Hop-Kids tagtäglich in der Stadt siehst, was dir auf den Geist geht, wegen diesem Getue, dem "Ich-bin-noch-viel-härter-als-du-weil-mein-Block-viel-fieser-ist"-Gehabe..
. nach meinem Empfinden gleichzusetzen mit den "Gott-bin-ich-evil-weil-mein-Petruskreuz-drei-Glitzersteine-mehr-hat"-Kids.
Jede Szene hat ihre Volldeppen, und die fallen unangenehm auf und verursachen die blöden Klichees. Es gibt auch heute noch guten Hip-Hop mit Sinn und Verstand. Ob einem die Art der Musik oder das Outfit zusagt, ist eine Sache, aber textlich steckt manchmal viel mehr dahinter als man meint.

Auffallend ist also wohl in jeder Szene, dass die Tiefgründigkeit sich gut vor der Masse versteckt. Und ob die das hinter weiten Hosen und albernen Kopftuch-Käppi-Kombinationen oder hinter Kunsthaar und zerrissenen Strumpfhosen tut, ist dabei recht egal.



Geschrieben von Blutregen am 09.05.2006 um 01:52:

 

Ich muss meinen Vorrednern Recht geben.huldigen
Tiefgründigkeit ist für mich einfach mit einem Thema nicht nur oberflächlich beschäftigen .
Sondern es zu recherchieren in die Materie vorzudringen und sich damit ausseinanderzusetzen (ob verbal oder psychisch ist egal)
Ob unsere Szene nun "tiefgründiger"ist als andere - glaub ich nicht aber vielfältiger.
Und das bringt natürlich viele verschiedene Menschen mit vielen verschiedenen Ansichten und Erfahrungen mit sich ,welche aber trotzdem eine Lebenseinstellung vereint.
Deshalb wird oft über gleiche Themen gesprochen in denen jeder seine Ansichten und Erfahrungen einbringt und das vermittelt vermutlich eine gewisse Tiefgründigkeit



Geschrieben von Teroon am 09.05.2006 um 23:20:

 

Hm, Tiefgründigkeit ist ein schwer zu definierender Begriff und ich denke jeder hat seine eigene Vorstellung davon was Tiefgründigkeit ist.
Für mich bedeutet es zusätzlich zu den genannten Aspekten noch eine emotionale Seite, also nicht nur tiefes Verständnis einer Materie, sondern auch ein emotionales Erfassen. Dazu kommt, dass es nicht auf ein Thema beschränkt sein sollte, sondern um einen Menschen als wirklich tiefgründig zu bezeichnen, müsste er sich mit allen Aspekten des Lebens auf diese Weise außeinandersetzen.
So etwas findet man nicht oft, zumindest nicht in dieser Ausprägung und es hängt denke ich weniger vom sozialen Umfeld der Person ab. Wobei die schwarze Szene vielleich eine etwas höhere Anziehungskraft auf solche Leute ausübt als andere. Zumindest sehe ich das so.



Geschrieben von Manarcos-Sartan am 11.05.2006 um 12:47:

 

Tiefgründigkeit bedeutet für mich in gleicher Hinsicht Offenheit und Arroganz.

Ein offener Mensch kann viel über eine bestimmte Materie erfahren, kann sie erfassen, sie annehmen. Aber nur durch eine gewisse Arroganz gegenüber genau jenen Aspekten die sich ihm auftun kann er diese anzweifeln und weiterentwickeln.

Den Tiefgründigkeit heisst nicht mit dem dargebrachten zufrieden zu sein. Das Stück Käse-Brot hat nicht nur die Käse-Seite (einseitig betrachtet), sondern auch das Brot darunter (zweiseitig betrachtet) was es zu akzeptieren gilt. Aber wer macht sich Gedanken um die Funktion der Butter die keiner sieht und die doch einen wichtigen Teil des Ganzen ausmacht?

Philosophisch betrachtet für das Käse-Brot ist der jenige tiefgründig, der beide Seiten sieht und die wichtigsten Komponenten durch eine Arroganz und Nicht-Zufriedenheit mit dem Gesehenen erkennt und damit arbeitet.

Die Tiefgründigkeit in der schwarzen Szene muss zwangsläufig stärker ausgeprägt sein, weil eine gewisse Individual-Stellung des Einzelnen in der Szene zu einer Offenheit führt, die gepaart mit einer grundsätzlichen Arroganz zu einer durchschnittlich höheren emotionaler Intelligenz führt. Diese wiederum lässt daraus schliessen, das die schwarze Szene tiefgründiger ist, da sich Dinge bewusster erleben kann und auch lernt diese tiefgründiger zu verarbeiten......


Ausnahmen bestätigen die Regel. ;-)

Falls Manarcos und Sartan zu sehr in potenzierten Disput verfallen sind bitte ich das zu sagen... Wir beide. *gggg*


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